Dass die Schweiz Nr. 1 in Punkto Innovation ist, kann man in meinem Blogeintrag Gold für die Schweiz in der Disziplin Innovation nachlesen. Aber wie sieht’s nun wirklich aus? Ist euer Unternehmen in der Tat innovativ? Und wie innoviert ihr genau? Sich einfach „Innovation“ auf die Flagge zu schreiben reicht noch lange nicht aus! Anbei ein paar Gedanken, wie man die Innovationstüchtigkeit eines Unternehmens hinterfragen kann. Da die Unternehmen so unterschiedlich sind, wie die Leute die darin arbeiten, versteht es sich von selbst, dass bei der Anwendung dieses Leitfadens noch etwas Gedankenarbeit erforderlich ist.
Wollen wir überhaupt innovieren?
Ich amüsiere mich immer darüber, wenn ich der IT Support-Hotline anrufe, wenn z.B. der Drucker nicht funktioniert, und ich gefragt werde, ob er denn überhaupt an den PC angeschlossen ist. Doch analog (und aller Ernstes) muss die erste Frage lauten: Wollen wir überhaupt innovieren und sind die Grundsätze zur Innovation gegeben? Ein CEO oder Abteilungsleiter sollte sich also fragen: Will ich nur gezielte Marktbearbeitung mit dem bereits bestehenden Angebot machen, oder will ich etwas ganz Neues auf den Markt bringen. Bei grösseren Unternehmen ist dann auch noch die Frage zu klären, wie flexibel und autonom die Abteilung vom Rest des Unternehmens ist, da Innovation Geschwindigkeit, Agilität und ein gewisser Risikoappetit voraussetzt.
Wird Innovation wirklich verstanden?
Die grösste Herausforderung ist wohl, dass der Begriff Innovation richtig verstanden und interpretiert wird. Wenn ich heute dem Durchschnittsbürger sage, dass ich ein EMBA in Innovation absolviere, werde ich oft mit fragenden Augen angeschaut und muss erklären. Darum sollten auch Unternehmen ihren Mitarbeitern aufzeigen, was sie genau damit meinen, wenn sie in ihrer Vision angeben innovativ sein zu wollen. Erklären reicht aber nicht aus. Zumindest ab dem leitenden Manager sollten die Mitarbeiter in den Grundsätzen der Innovation geschult sein. Ich habe es erlebt, dass selbst auf hoher Führungsebene das Wort „Innovation“ zwar verstanden wird, aber nicht die betrieblichen, strategischen, prozessualen, personellen und finanziellen Konsequenzen welche dahinter stehen.
Haben wir die richtige Strategie?
Die innovative Vision des Unternehmens sollte auch in der Unternehmensstrategie klar reflektiert sein. Es empfiehlt sich eine duale Strategie zu verfolgen: Eine Strategie des heutigen Geschäftes (was ist zu tun, um das Tagesgeschäft optimal zu führen) und eine Strategie für das zukünftige Geschäft (was ist zu tun, um morgen ein gutes Geschäft zu haben). Bei der Strategiefestsetzung sollte man sich intensiv mit den Unterschieden und deren Auswirkungen auseinandersetzen. Bei der Exekution müssen beide Strategien gleich bedeutend behandelt werden. Auch hier habe ich erlebt, wie erfahrene Unterneher (die ihr Business perfekt verstehen) entscheidende Fehler machen. Die Welt hat sich verändert. Was wir vor zehn Jahren noch in der Strategie- und Managementliteratur gelesen haben, ist heute (zumindest punkto Innovation) überholt. Es ist erforderlich, sich stets weiterzubilden.
Funktioniert unser Innovationsprozess?
Ebenso wichtig ist der Innovationsprozess. Der traditionelle Innovationsprozess (Trichtermodell) hat Lücken, z.B. zwischen der frühen Forschungsphase und Umsetzungsphase. Das Buch „Bridging the Innovation Gap“ von Daniel Huber, Heiner Kaufmann und Martin Steinmann beleuchtet im Detail, wie der sog. „Innovation Gap“ im Innovationsprozess durch organisatorische Erkenntnis und Veränderung überwunden werden kann. Hier lohnt es sich eine GAP Analyse des Innovationsprozesses durchzuführen, um Schwachstellen zu erkennen und den Prozess auf das Unternehmen anzupassen. Während bei grossen Unternehmen die Organisation der Innovation durch einen formellen Prozess festgelegt wird, sind die kleineren Unternehmen (oder autonome Abteilungen von Grossunternehmen ohne konkreten Innovationsprozess) gut damit bedient, die Innovationstätigkeiten über bereitgestellte Zeit der Mitarbeitenden zu steuern.
Ist das Unternehmen richtig organisiert?
Mit dem Prozess resp. der bereitgestellten Zeit für Innovation ist es noch nicht ganz getan. Ein „fine tuning“ innerhalb des Prozesses ist absolut zwingend. Dabei sollte man viele Fragen stellen, wie z.B. ob die richtigen Leute am richtigen Ort sind, ob die Kompetenzen ein reibungsloses Innovieren ermöglichen, ob die Mitarbeitenden richtig motiviert werden etc. In grösseren Unternehmen beschäftigt sich idealerweise ein Innovationsmanager mit solchen Fragen. Die richtige Organisation ist ein heikles Thema, da es schnell einmal die Unternehmenskultur betrifft. Darum ist es wichtig das Unternehmen, die Abteilungen und die Individuen darin zu verstehen (und zu lenken). Richtig zu verstehen! Fadenscheinige MBO Zielsetzungen, leere Versprechen und Resistenz gegenüber Veränderungen hindern das Unternehmen am erfolgreichen Innovieren.
Haben wir die erforderlichen Ressourcen?
Innovation muss zum einen finanziell getragen werden können, aber auch durch fähige und motivierte Leute. Das Unternehmen muss sich Innovation leisten können und die Aufwendungen langfristig budgetieren (tauchen im 1-,3- und 5-Jahresplan Innovationsaufwendungen auf?). Ebenso sind die richtigen Mitarbeiter notwendig. Vielleicht kommt das Unternehmen nicht darum herum intern Anpassungen vorzunehmen, oder gar externe Leute anzustellen. Aufgepasst, auch falsche Mitarbeiter am richtigen Ort können die Innovationstüchtigkeit hindern. Eine „Mitarbeiter Due Diligence“ mit Fähigkeitsprofil kann aufzeigen, ob die richtigen Leute am richtigen Ort sind und wo gewisse Mitarbeiter noch Weiterentwicklungsbedarf haben.
Ermöglichen die Führungsgrundsätze das Innovieren?
Last but not least ist es unabdingbar, dass die führenden Manager die Innovationstätigkeit fördern. Anstatt die Mitarbeitenden mit einer zusätzlichen Belastung (Innovationstätigkeiten parallel zum täglichen Geschäft) zu „verheizen“, sollen sie gestärkt, gefördert und motiviert werden, indem der Vorgesetzte unter menschlicher Führung Anerkennung und Forderung ausbalanciert. Sind realistische Innovationsziele für die Mitarbeiter definiert? Werden Innovationen von Mitarbeitenden aufgegriffen und honoriert? Ist der Innovationsmanager gut vernetzt?
Dieser Blogpost ist nur eine oberflächliche Betrachtung wie innovativ ein Unternehmen ist. Das Institut Arbeit und Technik (IAT / FH Gelsenkirchen) und die Agentur Mark GmbH haben dazu einen interessanten Schnelltest zur Selbstanalyse für KMU und Kleinunternehmen entwickelt. Für eine eingehende Analyse habe ich einen umfangreichen Fragebogen zusammengestellt, der unter innovationzuerfolg@gmx.ch bestellt werden kann.
“If you want something new, you have to stop doing something old” – Peter F. Drucker
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Quellen:
Gold für die Schweiz in der Disziplin Innovation: https://innovationzuerfolg.wordpress.com/2016/08/16/gold-fuer-die-schweiz-in-der-disziplin-innovation/
Bridging the Innovation Gap – Daniel Huber, Heiner Kaufmann, Martin Steinmann
Bridging the Innovation Gap: http://www.innovation-gap.com/
Quick Check Innovation: http://www.iat.eu/inkas_mark/schnelltest.html
Quote: http://www.goodreads.com/quotes/tag/innovation