Während an den Olympischen Sommerspielen 2016 die Schweiz mit Goldmedaillen nicht gerade brilliert, hat sie dafür im gestern veröffentlichten Global Innovation Index der World Intellectual Property Organization (WIPO) den ersten Platz vor Schweden und Grossbritannien erreicht. Es lässt sich darüber streiten, was jetzt bedeutender ist – doch ist Innovation sicher ein wichtiger Treiber für ökonomischen Wachstum.
Resultate Global Innovation Index
Die World Intellectual Property Organization (WIPO) hat am 15.08.2016 zusammen mit der Cornell University, INSEAD und den 2016 GII Knowledge Partners, der Confederation of Indian Industry, du und A.T. Kearney den Global Innovation Index 2016 veröffentlicht. Wie bereits in den letzten sechs (!) Jahren belegt die Schweiz Platz eins, gefolgt von Schweden (Vorjahr Platz drei) und Grossbritannien (Vorjahr Platz zwei). Die USA verbessern sich um einen Platz und liegen auf Rang vier vor Finnland und Singapur. Bei den direkten Nachbarn der Schweiz liegt Deutschland auf Platz zehn, Österreich auf Platz 17, Frankreich auf Platz 21 und Italien auf Platz 29.
Hervorzuheben ist, dass es China dieses Jahr als erstes Mittelstandsland unter die Top 25 schaffte. Das widerspeigelt zwar noch nicht ganz seinen gegenwärtig dritten Platz bei den Olympischen Sommerspielen, doch es zeigt, dass die aufstrebenden Länder eine Chance haben sich bezüglich Innovation zu verbessern – dennoch bestehen nach wie vor grosse Abstände zu den Industrieländern. Es ist also für mittelständische Länder wohl doch nicht einfach, sich auf dem Global Innovation Index hochzuarbeiten, da Innovation mitunter grosse finanzielle Investitionen voraussetzt. WIPO Generaldirektor Francis Gurry meint, dass Investitionen in Innovationen für langjähriges ökonomisches Wachstum entscheidend sind.
Gemäss dem Global Innovation Report wuchsen vor der Krise im 2009 die Ausgaben für Innovation jährlich um Durchschnittlich 7%. Die Abschwächung des Wachstums auf 4% im Jahr 2014 sei auf verlangsamtes Wachstum in den Schwellenländern sowie Budgetbeschränkungen in Industrieländern zurückzuführen.
Ist die Schweiz wirklich so innovativ?
Der Kern der Messungen des Global Innovation Indexes basiert auf den Innovationsfähigkeiten der Länder. Insgesamt sind über 80 Indikatoren in 128 Ländern massgebend – eine Vielzahl an Informationen, die hoffentlich korrekt zusammengetragen, und normalisiert wurden. Denn man darf ja bekanntlich nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Als Elemente zur Messung beigetragen haben z.B. Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, Infrastruktur, Markterfahrenheit, Wissens- und Technologieoutputs sowie kreative Outputs.
Auch in anderen globalen Ranglisten zählt die Schweiz gemäss dem Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) in den Bereichen Forschung und Innovation übrigens zu den Spitzenreitern. Gemäss einer Analyse der Boston Consulting Group, welche Ende 2015 von der Bilanz vorgestellt wurde ist unter den weltweit innovativsten 50 Firmen jedoch einzig Roche als Schweizer Unternehmen zu finden.
Was hat die Schweiz 2016 in Sachen Innovation wirklich geleistet?
Eine kurze Medienrecherche bringt unzählige Artikel zu Schweizer Innovationen zum Vorschein. So falsch kann der Index also nicht liegen. Noch bevor das Sommerloch mit Neuigkeiten aus der Olympiade gefüllt werden konnte, berichtete am 03.06.2016 die Zeitung 20 Minuten, dass die Detailhändler Migros und Coop durch die Züricher Start-up-Initiative Kickstarter Accellerator Insekten Startups fördern – darunter befinden sich aber auch ausländische Start-ups, wie z.B. die finnische Firma EntoCube, welche u.a. Essensreste in einer Container-Farm an Grillen verfüttert, die dann zu Protein-Pulver verarbeitet werden. Ist das nun eine Schweizer Innovation oder wird es zu Finnland gezählt? Durch die heutige Vernetzung wird es immer mehr Länderübergreifende Innovationsanstrengungen geben.
Am 24.05.2016 berichtet 20 Minuten von der Forschungs- und Innovationsplattform Nest (Next Evolution in Sustainable Building Technologies), welche eröffnet wurde, um Innovationen im Bau- und Energiebereich beschleunigen. Was ist Innovation? Es kommt immer darauf an, was man als innovativ betrachtet. Innovation wird nicht immer gleich definiert.
NZZ am Sontag berichtete am 31.01.2016 über eine Superbatterie aus dem Hause der Swatch Group. Die Tochtergesellschaft Belenos hätte zusammen mit der ETH eine Batterie entwickelt, die 30 Prozent mehr leisten kann. Vielleicht macht die Hochschuldichte die Schweiz so innovativ?
Am 21.06.2016 berichtete 20 Minuten, dass dass Luzerner Hotel Montana bei Regen Rabatt gebe. Kreativ ist die Idee allerdings. Vielleicht sind es die unzähligen Schweizer KMUs mit ihren innovativen Ideen, die zur Schweizer Goldmedaille in der Disziplin Innovation verhalfen?
Wer tief genug in den 451-Seitigen Report eindringt, wird dem Grund für das ungedopte Glanzresultat der Schweiz auf die Spur kommen. Viel interessanter (vor allem für grosse, global operierende Unternehmen) sind jedoch die sechs Hauptaussagen des Reports zum Global Innovation Index.
Schlüsselergebnisse des Reports zum Global Innovation Index
Die sechs Hauptaussagen fallen in zwei generelle Kategorien: Strategien für Innovation, welche globale Ziele verfolgen und Aussagen zu geografischen Regionen:
- Um längerfristiges grösseres Wachstum anzustreben, sollten grosse Unternehmen auf globale Innovation Kleine Unternehmen könnten in meinen Augen Open Innovation ausprobieren und sich besser mit Universitäten und international vernetzen.
- Es gibt einen Bedarf für eine globale „Innovations-Mentalität“ sowie überarbeitete Innovations-Regelwerke und Innovations-Strategien. Darunter verstehe ich, dass die heutzutage oftmals lokal betriebenen Innovationsaktivitäten von grossen Unternehmen sich noch mehr öffnen und dass die Früchte globaler Innovationsaktivitäten gerecht verteilt werden müssen. Und es muss verhindert werden, dass Innovationsaktivitäten durch irgendwelche politischen oder unternehmensinternen Barrieren gebremst werden.
- Innovation wird globaler – es gibt aber noch grosse Unterschiede. Nicht weil China es jetzt in die Top 25 geschafft hat, sollte man meinen die Globalisierung auf dem Gebiet der Innovation sei abgeschlossen. Es gibt für Schwellenländer noch viel zu tun vor allem in den Bereichen Institutionen, Bildungskapital, Infrastruktur und kreativer Output.
- Es gibt kein Geheimrezept für korrektes Innovieren. Was wichtig ist sind unternehmerische Anreize und Raum für Innovation „Slack Time“. Achtung, liebe Manager und Executives – nehmt euch diesen Punkt besonders zu Herzen: Innovation kann gefördert werden und braucht Freiraum. Und Freiraum beinhaltet auch gewisse Ineffizienzen.
- Die Erhaltung der Innovationsdynamik von Afrika südlich der Sahara ist wichtig. Sie ist eine der vielversprechendsten Regionen, haben langfristige Beobachtungen gezeigt. Das heisst, das hiesige Unternehmen punkto Innovationen in und aus diesen Ländern unbedingt Augen und Ohren offen halten sollten.
- Lateinamerika und die Karibik sind Regionen mit unberührtem Innovationspotential – aber auch mit gewissen Risiken. Mit anderen Worten haben diese Regionen nicht mit Innovation geglänzt und sie können mehr als sie zeigen. Aber gilt es auch das ökonomische und politische Feld im Visier zu behalten.
Auch wenn der Sommer 2016 und somit die Olympiade bald zu Ende gehen, wird auf dem Gebiet der Innovation auch vom Spitzenreiter Schweiz nach wie vor Höchstleistungen gefordert. Nicht nur globale Unternehmen sind gefragt, sondern auch Hochschulen, Verbände, die Regierung und KMUs müssen innovativ sein. Wie das olympische Feuer dürfen Innovationsaktivitäten nie erlöschen. Nur so kann ein nachhaltiges, globales Wachstum ermöglicht werden.
„Learning and innovation go hand in hand. The arrogance of success is to think that what you did yesterday will be sufficient for tomorrow.“ – William Pollard
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Quellen:
WIPO Global Innovation Index 2016: http://www.wipo.int/pressroom/en/articles/2016/article_0008.html
Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation: https://www.sbfi.admin.ch/sbfi/de/home/themen/forschung-und-innovation-in-der-schweiz/forschung-und-innovation-in-der-schweiz-2016.html
20 Minuten: Migros und Coop fördern Insekten-Start-up: http://www.20min.ch/finance/news/story/23207642
20 Minuten: Forscher testen das Haus der Zukunft: http://www.20min.ch/schweiz/energy-challenge/story/24282819
NZZ: Superbatterie soll Milliarden einbringen: http://www.nzz.ch/nzzas/nzz-am-sonntag/schweizer-innovation-superbatterie-soll-milliarden-einbringen-ld.4718
20 Minuten: Luzerner Hotel gewährt erstmals Regen-Rabatt: http://www.20min.ch/schweiz/zentralschweiz/story/Luzerner-Hotel-gewaehrt-erstmals-Regen-Rabatt-13102999
Bilanz: Das sind die weltweit innovativsten Firmen: http://www.bilanz.ch/unternehmen/das-sind-die-weltweit-innovativsten-firmen-513725
Quote: http://www.brainyquote.com/quotes/keywords/innovation.html